Lorenz, Alfred Ottokar (1868-1939), Musiker und Musikwissenschaftler

Lorenz Alfred Ottokar, Musiker und Musikwissenschafter. * Wien, 11. 7. 1868; † München, 20. 11. 1939. Sohn des Historikers Ottokar L. (s. d.), Bruder des Chemikers Richard L. (s. d.); stud. ab 1885 an der Univ. Jena, dann in Leipzig und Berlin, hier bei Spitta (Musikwiss.) und Radecke (Dirigieren). Ab 1893 war er Solorepetitor und Theaterkapellmeister in Königsberg, Elberfeld und München, 1905 kam er als Hofkapellmeister nach Gotha und blieb hier bis 1919, ab 1917 als Generalmusikdir. Daneben leitete er die Musikver. in Gotha (1901–18) und Coburg (1907–20). 1920 übersiedelte er nach München, stud. von hier aus bei M. Bauer in Frankfurt Musikwiss. (1922 Dr.phil.) und wurde 1923 Lektor, 1926 Honorarprof. für Musikwiss. an der Univ. München. Ab 1938 leitete er die Musikabt. der Dt. Akad. in München. L., der erst nach jahrzehntelangem Wirken in der Praxis als über Fünfzigjähriger zur Wiss. kam, hat in dieser in bedeutender Weise anregend und erhellend gewirkt. Ihm ist vor allem die Erkenntnis der wohlorganisierten formalen Struktur der Werke R. Wagners zu verdanken, die man bis dahin im Banne der Leitmotivik völlig übersehen hatte. Ähnlich gewichtige Ergebnisse brachten seine Untersuchungen zum Werk Alessandro Scarlattis für die Oper des 17. Jh. L. machte auch wichtige Feststellungen zum Generationenproblem und auf dem Gebiet des musikal. Klanges.

W.: Ingraban (dramat. Szene), 1893; Helges Erwachen (Oper), 1896; Orchesterwerke; Klavierquartette; Lieder; etc. Publ.: Das Geheimnis der Form bei R. Wagner, 4 Bde., 1924–33; A. Scarlattis Jugendoper. Ein Beitr. zur Geschichte der italien. Oper, 1927; Abendländ. Musikgeschichte im Rhythmus der Generationen. Eine Anregung, 1928; mehrere Abhh. in Z. Aufsätze und Ausgaben musikal. W.
L.: Allg. Musikal. Ztg., Jg. 63, 1936, S. 481; Jb. der Musikbibl. Peters, Jg. 46, 1940, S. 95; Österr. Musikz., Jg. 23, 1955, S. 555 f.; Die Musik in Geschichte und Gegenwart; Frank–Altmann; Müller; Riemann; Kosch, Theaterlex.; Deutschlands, Österr.-Ungarns und der Schweiz Musiker in Wort und Bild, 1909; Wer ist’s? 1935; M. Vogel, Der Tristan–Akkord und die Krise der modernen Harmonielehre, 1962.
(Antonicek)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 5 (Lfg. 24, 1971), S. 315
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