Speidel, Ludwig (1830–1906), Journalist und Schriftsteller

Speidel Ludwig, Journalist und Schriftsteller. Geb. Ulm, Württemberg (Dtld.), 11. 4. 1830; gest. Wien, 3. 2. 1906; röm.-kath. Sohn des Sängers und Komponisten Konrad (geb. Söflingen, Bayern / Ulm, Dtld., 16. 9. 1804; gest. Ulm, 26. 1. 1880), Bruder des Komponisten und Musikdir. Wilhelm (geb. Ulm, 3. 9. 1826; gest. Stuttgart, Württemberg/Dtld., 13. 10. 1899), Onkel des Verlegers und Schriftstellers Felix S. S. absolv. das Gymn. in Ulm und übersiedelte 1852 auf Vorschlag seines in München als Klavierlehrer tätigen Bruders nach München, wo er als Gasthörer an der Univ. Phil. stud. Im Herbst desselben Jahres übernahm er das Musikreferat bei der „Augsburger Allgemeinen Zeitung“ und wechselte 1853 auf Vermittlung von Johann Georg Frh. Cotta v. Cottendorf als Korrespondent dieses Bl. nach Wien, wo er i. d. F. auch als freier Mitarb. bei verschiedenen Ztg. und Z., u. a. „Morgen-Post“, „Die Donau“, „Fremden-Blatt“, „Journal des Oesterreichischen Lloyd“, „Wiener Zeitung“ sowie „Das Vaterland“, tätig war. S., der bereits 1853/54 lyr. Ged. in der Z. „Der Salon“ publ. hatte, war ab 1864 als Theaterkritiker und Feuilletonist der „Neuen Freien Presse“ einer der wichtigsten Mitarb. dieses Bl. und zählte darüber hinaus, etwa als Musikkritiker (ab 1861) des „Fremden-Blatts“, zu den führenden Kritikerpersönlichkeiten Wiens. So erkannte er als einer der ersten die künstler. Bedeutung Bruckners (s. d.), für den er sich sowohl in der „Wiener Zeitung“ als auch im „Fremden-Blatt“ des öfteren vehement einsetzte. Aus seinen literar. brillanten Feuilletons ragen neben zahlreichen biograph. Essays seine Theaterberr. hervor, die von seinem permanenten Engagement für das Wr. Burgtheater Zeugnis ablegen; 1887 wurde ihm sogar der Posten des Burgtheaterdir. angeboten, den er jedoch ablehnte. Seine von Hugo Wittmann postum hrsg. literar. Essays, „Ludwig Speidels Schriften“, (1910–11), 4 Bde., die weitgehend biograph. Natur sind, porträtieren vorwiegend Maler, Philosophen und Literaten. Bereits ab 1859 Mitgl. des Journalisten- und Schriftstellerver. Concordia, gehörte S. gem. mit Kürnberger und D. Spitzer (beide s. d.) zu den drei wichtigsten Repräsentanten des Wr. Feuilletons im 19. Jh., die diese Gattung begründet und den Grundstein für die nachfolgende Generation gelegt haben. Er war mit zahlreichen Künstlern befreundet, u. a. mit K. Rahl, Natter (beide s. d.), Anselm Feuerbach und Wittmann.

W. (auch s. u. Kosch): Das Wr. Schauspiel, in: Die österr.-ung. Monarchie in Wort und Bild 2, 1886; Theater, in: Wien 1848–88, Denkschrift … 2, 1888; Krit. Schriften, ausgewählt J. Rütsch (= Klassiker der Kritik 2), 1963 (m. biograph. Vorwort); Fanny Elßlers Fuß, ed. J. Schreck, 1989 (m. biograph. Nachwort); etc.
L.: FB, 8. 4. 1900, 4., 6. 2. 1906; NFP, 8., 11.–12., 18. 4. 1900, 4.–8., WZ, 4., 6. 2. 1906; Neues Österr., 29. 1. 1956; Czeike; Hall–Renner; Killy; Kosch (m. W. u. L.); oeml; Stern–Ehrlich, S. 23 (m. B.), 52; Wurzbach; L. Hevesi, L. S., 1910 (m. B.); W. Haacke, Hdb. des Feuilletons 1–3, 1951–53, s. Reg.; G. M. Deutscher, Die krit. Grundsätze bei L. S., phil. Diss. Innsbruck, 1969 (m. L.); A. Bruckner. Ein Hdb., ed. U. Harten, 1996; Ztg. im Wr. Fin de siècle, ed. S. P. Scheichl – W. Duchkowitsch, 1997, s. Reg.; H. Kernmayer, Judentum im Wr. Feuilleton (1848–1903), 1998, s. Reg.; Ein Stück Österr. 150 Jahre „Die Presse“, ed. J. Kainz – A. Unterberger, 1998, s. Reg., bes. S. 168 (m. B.); Schubert-Enz., ed. E. Hilmar – M. Jestremski, 2 (= Veröff. des Internationalen F. Schubert-Inst. 14), 2004; V. Reittererová – H. Reitterer, Vier Dutzend rothe Strümpfe … Zur Rezeptionsgeschichte der Verkauften Braut … (= Theatergeschichte Österr. 3/4), 2004, s. Reg.
(W. Obermaier)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 13 (Lfg. 59, 2007), S. 13f.
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