Batsányi (Bacsányi), Gabriele; geb. Baumberg (1766–1839), Schriftstellerin

Batsányi (Bacsányi) Gabriele, geb. Baumberg, Schriftstellerin. Geb. Wien, 24. 3. 1766; gest. Linz (Oberösterreich), 24. 7. 1839 (begraben: Tapolca / H); röm.-kath. Tochter des Hofkammer-Archiv-Direktors Johann Florian Baumberg (geb. 1730; gest. 13. 4. 1801) und von Maria Christina Baumberg, geb. Rodius (gest. 3. 8. 1801); ab 1805 verheiratet mit dem bedeutenden Schriftsteller der ungarischen Aufklärung Janos Batsányi (geb. Tapolca, 9. 5. 1763; gest. Linz, 12. 5. 1845), den sie 1799 bei einer Soirée des Malers →Vincenz Georg Kininger kennengelernt hatte, der die beiden später auch porträtierte. – B. besuchte vermutlich die Klosterschule und genoss dank ihres Vaters eine umfangreiche Bildung. Bereits im Kindesalter begann sie zu dichten, ihr großes Vorbild war die „deutsche Sappho“ Anna Louisa Karsch. Zu ihren Jugendfreunden gehörten →Karoline Pichler, in deren Salon sie von Johann Baptist von Alxinger eingeführt wurde, wie auch der junge Dichter und Laienschauspieler Anton Bernhard Eberl, mit dem sie eine Romanze verband, bis Eberl 1787 berufsbedingt nach Brüssel versetzt wurde. B.s erste, schwärmerische Gedichte erschienen anonym in der Tageszeitung „Das Wienerblättchen“, das von Aloys Blumauer herausgegeben wurde. Dieser war auch Mitherausgeber des „Wiener Musenalmanachs“, wo 1785 mit „Am ersten May 1784“ erstmals ein Gedicht von ihr erschien. Bis 1796 publizierte sie dort noch über 69 Gedichte, die alle bis auf drei 1800 in ihrem ersten selbstständigen Werk „Sämmtliche Gedichte Gabrielens von Baumberg“ erschienen. B. galt bald als die bedeutendste lebende österreichische Lyrikerin: Der Philologe Ignaz Liebl bezeichnete sie als „Sappho Wiens“ und von →Heinrich Friedrich Füger wurde sie als solche kostümiert verewigt. Ihre Gedichte vertonten die größten Komponisten ihrer Zeit: 1787 „Als Luise die Briefe ihres ungetreuen Liebhabers verbrannte“ von Wolfgang Amadeus Mozart und von →Franz Schubert „Der Morgenkuss nach einem Ball“, „Lob des Tokayer Weins“, „Abendständchen“, „Cora an die Sonne“ und „An die Sonne“. 1796 wurde sie zur Kammerfrau Kaiserin Maria Theresas, der 2. Ehefrau von Kaiser →Franz II. (I.), ernannt; der Hof förderte ihre Dichtung. 1805 erschienen die „Gedichte von Gabriele Batsányi geb. Baumberg. Mit einer Abhandlung über die Dichtkunst von F.W.M.“, und 1807 veröffentlichte sie ihr längstes Poem „Amor und Hymen. Ein Gedicht zur Vermählung einer Freundin“. Ihre künstlerische Produktivität nahm jedoch in den folgenden Jahren immer mehr ab. 1809 übersetzte Janos Batsányi die Proklamation Napoleons an die Ungarn ins Ungarische und reiste beim Abzug der napoleonischen Truppen nach Paris, was ihm als Flucht angelastet wurde. B. wurde mehrfach vernommen, gab aber an, den Aufenthaltsort ihres Mannes sowie den Grund seiner Abreise nicht zu kennen. Erst 1810 bekam sie geheime Post aus Paris von ihm. Mit Hilfe von →Klemens Wenzel Lothar Fürst Metternich-Winneburg erhielt B. einen Pass und die kaiserliche Erlaubnis, außer Landes zu reisen. Sie verkaufte ihr sämtliches Hab und Gut, verließ im April 1811 Wien und erreichte drei Wochen später Paris. Kaiser Franz empfing B. 1814 in Paris, und so beschloss das Paar, nach Wien zurückzukehren. B. reiste zunächst allein dorthin, um die Begnadigung ihres Mannes zu erwirken. Sie lebte in größter Armut eine Zeit lang im Haus von →Johann Bapt. Rupprecht und danach mit Unterstützung von Gräfin Kokorsova in einer Wohnung in der Favoritenstraße. Im August 1815 wurde ihr Mann nach Napoleons Niederlage bei Waterloo von den Österreichern in Paris verhaftet und seine sämtlichen Schriften polizeilich beschlagnahmt. Er wurde angeklagt, Schmähreden auf Kaiser Franz verfasst zu haben. Janos Batsányi wurde im Oktober nach Brünn gebracht und im Gefängnis Spielberg inhaftiert. Im selben Jahr veröffentlichte B. ihren Gedichtband „Die deutsche Muse. Am 10. November 1816“. Nach der Enthaftung ihres Mannes übersiedelte sie zu diesem nach Linz, wo das Paar äußerst zurückgezogen von einer Jahresrente von 500 Gulden, die der Kaiser B. bis 1820 gewährte, lebte. Der Maler →Josef Hafner gehörte zu ihren wenigen Freunden. Die letzten drei Jahre vor ihrem Tod konnte B., die an starker Gicht litt, die Wohnung nicht mehr verlassen. Im Mai 1934 wurden die Gebeine des Dichterehepaars B. nach Tapolca gebracht. B.s Nachlass gelangte nach dem Tod ihres Ehemanns in den Besitz der Bibliothek der Magyar Tudományos Akadémia.

L.: NFP, 5. 9. 1884; Linzer Volksblatt, 7. 3. 1934; Czeike; Killy; Wurzbach; C. Pichler, in: Österreichisches Morgenblatt 5, 1840, S. 353f., 357f.; dies., in: Zerstreute Blätter, 1843, S. 243ff.; A. Neumann, Leben und Werk der G. B. geborene Baumberg, phil. Diss. Wien, 1914; W. Kosch, Das Katholische Deutschland 1, 1933; M. Farkas, G. B. geb. Baumberg: ihr Leben und dichterisches Schaffen, phil. Diss. Wien, 1949; J. Grudl, in: Jahrbuch der Ungarischen Germanistik: 1993, ed. A. Mádl – H.-W. Gottschalk, 1993, S. 139ff.; W. Seidler, in: Ex libris et manuscriptis, ed. I. Németh – A. Vizkelety, 1994, S. 79ff.; A. Tarnai, ebd., S. 9ff.; F. Berger, in: Jahrbuch des Oö. Musealvereines, Gesellschaft für Landeskunde 140/1, 1995, S. 205ff.; S. Youens, in: Schubert’s poets and the making of lieder, 1996, S. 1ff.; J. Grudl, in: Schriftsteller zwischen (zwei) Sprachen und Kulturen, ed. A. Mádl – P. Potzan, 1999, S. 49ff.; L. Márton, in: Stichwörter zur OÖ. Literaturgeschichte, ed. P. M. Dallinger u. a., 2012, H. 1, S. 53ff.; J. Papp, in: Jahrbuch des Oberösterreichischen Musealvereines, Gesellschaft für Landeskunde 158, 2013, 1, S. 259ff. (mit Bild).
(R. Müller)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)