Bendelmayer, Bedřich (Friedrich) (1871–1932), Architekt

Bendelmayer Bedřich (Friedrich), Architekt. Geb. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 8. 4. 1871; gest. ebd., 20. 4. 1932; röm.-kath. Sohn des Geschäftsführers Karl Bendelmayer und der Josefine Bendelmayer, geb. Horak; verheiratet mit Zdeňka Bendelmayer, geb. Zidlicky. – B. studierte bei →Friedrich Ohmann an der Kunstgewerbeschule in Prag, zu dessen besten Schülern er gemeinsam mit Alois Dryák gehörte. Bereits in B.s ersten Aufträgen war die Tendenz zur modernen Transformation der historischen Stilelemente bemerkbar (Zinshäuser U sv. Jiří in Praha-Holešovice, 1897–99, und U české královny in Hradec Králové, 1899, beide gemeinsam mit Rudolf Němec). 1899 gewann er mit Emil Weichert den 2. Preis im Wettbewerb für das Umbauprojekt der Versicherungsanstalt Slávia in der Prager Neustadt, nach dessen Plänen die Fassade (nicht erhalten) 1901 umgestaltet wurde. Nach Ohmanns Übersiedlung nach Wien wurde B. gemeinsam mit Dryák mit der Fertigstellung des Prager Jugendstil-Hotels Central beauftragt (Bauunternehmer Quido Bělský, 1898–1902), wobei sie namentlich für Entwürfe des Interieurs verantwortlich waren. Danach eröffneten sie ein gemeinsames Atelier, waren aber gleichzeitig auch im Büro des Architekten Bělský tätig. Dort projektierte B. das große Zins- und Geschäftshaus in der Prager Altstadt (1903–04) und die Stirnseite des Hotels Erzherzog Stephan auf dem Wenzelsplatz (1903–05), wurde jedoch bereits 1904 – noch während der Arbeiten – entlassen. Bis zum 1. Weltkrieg nahm er erfolgreich an zahlreichen böhmischen sowie einigen auswärtigen Wettbewerben teil (Schießstätte in Pilsen, 1. Preis, 1905; Neubau des Prager Altstädter Rathauses, 3. Platz, 1905; Gemeindehaus in Žižkov, 1. Preis, 1910; Stadtbad in Pilsen, 1. Preis, 1914). Von seinen größeren Aufträgen wurden jedoch nur wenige ausgeführt (Geschäftspalast Stern/Hvězda auf dem Wenzelsplatz in Prag, 1911–13; Umbau der Sparkasse in Pilsen, 1914–15). Bereits bei diesen Projekten im Stil der geometrischen Moderne war die stark klassizisierende Tendenz deutlich, die in B.s Schaffen nach dem Weltkrieg überwog. Anfangs projektierte er v. a. Schulgebäude (Gymnasien in Hradec Králové, 1921–23, und Hlučín, 1922–24). Danach folgten große Aufträge für Prager Bank- und Versicherungsanstalten (Böhmische Industrialbank, projektiert 1922, Bau 1931–33; Gebäude der Continentale, Versicherungs-AG, 1928–29), Kreisgerichtsgebäude in Klatovy, 1924–28, und in Chrudim, 1926–31, sowie der Justizpalast in Praha-Pankrác, 1926–30. 1926 beteiligte er sich am Wettbewerb um den Völkerbundpalast in Genf. Die Ausführung des erfolgreichen Wettbewerbsprojekts für die Prager Effektenbörse (1927) erlebte er nicht mehr. B. stand an der Spitze der Prager modernen Bewegung nach 1900: Obgleich er in der Zwischenkriegszeit nicht zu den Vertretern des für progressiver gehaltenen tschechischen Funktionalismus gehörte, kann sein Schaffen nicht dem bloßen Konformismus zugeordnet werden. Jedes seiner Werke ist geprägt durch Originalität und individuelle Behandlung, seine Projekte zeichnen sich sowohl durch eine durchdachte zweckmäßige Anlage als auch durch eine ausgewogene Gestaltung aus. B.s Nachlass befindet sich im Národní technické muzeum in Prag.

Weitere W.: s. Švácha; Encyklopedie.
L.: AKL; BSČZ; Toman; Vollmer; F. X. Harlas, Sochařství, stavitelství, 1911, S. 10; Z. Wirth, in: Umění 5, 1932, S. 498f.; Dílo 24, 1933, S. 190ff.; Architekt SIA 32, 1933, S. 1ff.; Tschechische Kunst 1878–1914: auf dem Weg in die Moderne, Darmstadt 1984, S. 16f. (Kat., mit Bild); Nová encyklopedie českého výtvarného umění 1, ed. A. Horová, 1995; R. Švácha, Od moderny k funkcionalismu, 1995, s. Reg. (mit W.); Encyklopedie architektů, stavitelů, zedníků a kameníků v Čechách, ed. P. Vlček, 2004 (mit W.); Digitalizované pobytové přihlášky pražského policejního ředitelství (konskripce) 1850–1914 (online).
(V. Laštovičková)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)