Benischek, Josef (1841–1896), Architekt

Benischek Josef, Architekt. Geb. Philippsdorf, Schlesien (Filipovice, CZ), 23. 2. 1841; gest. Prag, Böhmen (Praha, CZ), 16. 7. 1896. Sohn des Häuslers Johann Benischek; verheiratet mit Theresia Benischek, geb. Bertagnoli. – B. besuchte 1851–61 das Gymnasium in Troppau, 1861–65 studierte er am polytechnischen Institut in Wien. Anschließend absolvierte er in Wien seine Praxisjahre. 1872 machte er mit einem Wettbewerbsentwurf für den Berliner Reichstag auf sich aufmerksam, mit dem er von 102 Teilnehmern in die engere Wahl kam. Das positive Echo dieser Arbeit trug wahrscheinlich dazu bei, dass B. zum Hauptarchitekten der neu gegründeten Böhmischen Bau- und Immobilien-Bank ernannt wurde und 1873 nach Prag übersiedelte. Bald nach seiner Ankunft trat er dem Deutschen polytechnischen Verein bei und zählte rasch zu dessen aktivsten Mitgliedern (1891 Gruppenvorstand für Architektur); 1878–92 fungierte er auch als Redakteur von dessen Vereinszeitschrift „Technische Blätter“. B.s erste Projekte in Prag wurden von der Böhmischen Bau- und Immobilien-Bank errichtet: das Administrationsgebäude der Turnau-Kralup-Prager- und Böhmischen Nord-Bahn (Prag, 1873–74) und das Haus der k. k. priv. ersten böhmischen wechselseitigen Brand- und Hagelschaden-Versicherungs-Anstalt (1873). Die Architektur dieser schmuckreichen Neorenaissance-Palais mit einer ausgeprägt tektonischen Behandlung folgte den Formen der großen Wiener Zinshäuser der Gründerzeit. Die bei diesen Monumentalbauten gewonnene Erfahrung verwendete B. 1874 im Wettbewerbsentwurf für das Prager Künstlerhaus Rudolfinum, der von der Jury als der beste bezeichnet wurde. Sein letzter bedeutender Erfolg war das Projekt für die Landesirrenanstalt in Dobrzan (1875), deren Gebäude auf Grundlage eines Radialsystems angeordnet wurden (1876–80). Die Pläne wurden gemeinsam mit den Entwürfen für die Prager Entbindungsanstalt von →Josef Hlávka 1878 auf der Weltausstellung in Paris präsentiert. Außer diesen öffentlichen Aufträgen gehört zu B.s bedeutendsten Projekten das Gebäude des neuen Schlosses im böhmischen Dallwitz, das 1874–75 für Friedrich Baron Riedl von Riedenstein errichtet wurde. Im Laufe der 1870er-Jahre projektierte B. zudem eine Reihe von Prager Mietshäusern. In die Bebauung der wachsenden Metropole versuchte er besonders durch die Durchsetzung des Villenbaus in Žižkow einzugreifen, wo er sich selbst 1877 eine prachtvoll gegliederte Villa erbaute. Die letzten bekannten Prager Entwürfe B.s stammen aus Architekturwettbewerben: das Projekt der Landesexerzitienanstalten (1881) und der Entwurf des Museums des Königreichs Böhmen (1884). In den 1880er-Jahren verschob sich der Schwerpunkt seiner Tätigkeit in die deutschböhmischen Grenzgebiete, denn als aktives Mitglied des Deutschen polytechnischen Vereins konnte er in der vermehrt tschechischsprachigen Metropole kaum Betätigung finden. Zu seinen bedeutendsten Arbeiten aus dieser Zeit gehören die Entwürfe der Turnvereinshalle und der Friedhofshalle in Rumburg (beide 1882 vollendet). Da B.s strenge Rationalität und stilistische Ausgeglichenheit offenbar dem aktuellen Geschmack der Auftraggeber nicht mehr entsprach, stagnierten die Aufträge. Das letzte verwirklichte Projekt war die Erweiterung des Parkhotels Pupp in Karlsbad (1883). Dennoch beschickte er weiter internationale Wettbewerbe mit Projekten, so für das Nordiska museet in Stockholm (1883), das Reichsgericht in Leipzig (1885) und das Redoutensaal-Gebäude in Innsbruck (1885). Noch 1888 gewann er den 3. Preis im Wettbewerb um die Versorgungs-Anstalt in Brünn. Erst in den letzten drei Jahren seines Lebens zog sich der Architekt aus Krankheitsgründen zurück. B. wurde zwar zu Lebzeiten hoch geschätzt, später wegen seiner Zugehörigkeit zur deutschböhmischen Gesellschaft aber für lange Zeit aus der tschechischen Geschichte gestrichen. 1885–91 war B. Vorsitzender der utraquistischen Ingenieurskammer im Königreich Böhmen, ab 1870 Mitglied des Österreichischen Ingenieur- und Architekten-Vereins.

Weitere W.: s. Janková.
L.: Prager Tagblatt, 18. 7. 1896; Nová encyklopedie českého výtvarného umění 1, ed. A. Horová, 1995; Y. Janková, in: Zprávy památkové péče 61, 2001, Nr. 7, S. 228ff. (mit W.); J. Vybíral, in: Umění 51, 2003, S. 309; V. Laštovičková, Cizí dům? Architektura českých Němců 1848–91 / Ein fremdes Haus? Die Architektur der Deutschböhmen 1848–91, 2015, s. Reg.; Digitalizované pobytové přihlášky pražského policejního ředitelství (konskripce) 1850–1914 (online); TU, Wien.
(V. Laštovičková)   
Zuletzt aktualisiert: 25.11.2016  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 5 (25.11.2016)