Haid, Liane (Juliana, Juliane); verheiratete Haymerle, wiederverheiratete Somborn bzw. Spycher (1895–2000), Schauspielerin

Haid Liane (Juliana, Juliane), verheiratete Haymerle, wiederverheiratete Somborn bzw. Spycher, Schauspielerin. Geb. Wien, 16. 8. 1895; gest. Wabern (CH), 28. 11. 2000 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Friedhof Dornbach, Wien). Tochter des Instrumentenmachers Georg Haid (1864–1951), Schwester der ebenfalls als Filmschauspielerin tätigen Grit Haid (1900–1938), Mutter des Jazzmusikers Pierre Spycher-Haid (geb. 1940 als Hans Peter Somborn); in 1. Ehe (ab 1923) mit dem Wiener Großindustriellen Friedrich (Baron von) Haymerle, in 2. Ehe (ab 1936) mit dem Berliner Anwalt Hans Somborn, in 3. Ehe (ab 1943) mit dem Schweizer Arzt Carl Spycher verheiratet. – H. erhielt schon in jungen Jahren eine Gesangs- und Tanzausbildung. Über ihre frühen Karrierestationen ist allerdings kaum etwas bekannt. Sie soll u. a. an diversen Wiener Bühnen, wie dem Ronacher, dem Apollotheater oder dem Colosseum, als Sängerin und (Ballett-)Tänzerin aufgetreten sein. Eine Schauspielausbildung absolvierte H. jedoch nicht. Dennoch wurde sie 20-jährig für den Film entdeckt. Ihr Debüt feierte H. im patriotischen Stummfilm „Mit Herz und Hand fürs Vaterland“ (1915). Ihre Entdeckerfirma, die Wiener Kunstfilm, baute sie von da an zum Star auf und gab ihr – für die zeitgenössische Filmbranche außergewöhnlich – einen mehrjährigen Vertrag, der ihr eine monatliche Gage zwischen 200 (1916) und 400 (1918) Kronen zusicherte. Dennoch verklagte H. die Wiener Kunstfilm, weil sie sich ungerecht behandelt fühlte. Während des Prozesses, der im Mai 1918 in Wien stattfand, beklagte sie besonders die gesundheitsgefährdenden Arbeitsbedingungen bei Filmaufnahmen und eine in Bezug zu ihren Ausgaben geringe Gage. Trotzdem wirkte H. auch nach 1918 in Filmen der Wiener Kunstfilm mit. Außerdem spielte sie Hauptrollen in Produktionen der Micco-Film, für die ihr erster Ehemann tätig war. Letzterer ließ für H. eigens ein Filmatelier in Schönbrunn errichten. 1921 wagte H. dann ihren nächsten großen Karriereschritt und ging nach Berlin, wo ihr der internationale Durchbruch mit dem Film „Lady Hamilton“ (1921) gelang. In Deutschland erhielt sie ebenfalls regelmäßig Hauptrollen und spielte sowohl Historienfiguren als auch das „süße Wiener Mädel“ an der Seite vieler damaliger Schauspielgrößen wie z. B. Conrad Veidt oder Willi Forst. Nach Aufkommen des Tonfilms konnte H. dank ihrer Gesangsausbildung weiterhin als Filmschauspielerin arbeiten, weshalb sie ab 1929/30 für deutschsprachige Tonfilmproduktionen, wie jene der UFA, vor der Kamera stand. Ihr erster Tonfilm hieß „Der unsterbliche Lump“ (1930). Noch im selben Jahr folgte „Das Lied ist aus“, in dem sie den Robert-Stolz-Schlager „Adieu, mein kleiner Gardeoffizier“ sang und populär machte. 1940 zog sich H. schließlich aus dem Filmgeschäft zurück und konzentrierte sich von da an auf ihr Privatleben. Nach ihrer dritten Heirat folgte sie ihrem Ehemann nicht nur in die Schweiz, sondern begleitete ihn auch auf seinen Forschungsreisen. H. trug sich trotzdem weiterhin mit dem Gedanken, wieder zu filmen, ein Comeback-Versuch 1953 („Die fünf Karnickel“ / „Im Krug zum grünen Kranze“) missglückte jedoch. Obwohl die Schauspielerin bis zu ihrem Tod zurückgezogen in der Schweiz lebte, ist sie nach ihrem Karriereende mehrfach ausgezeichnet worden. U. a. erhielt H. 1969 das Filmband in Gold (Deutscher Filmpreis) in der Kategorie Langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film. 1992 ehrte man sie zudem mit dem Rosenhügelpreis, der ihr im Rahmen der Rosenhügelgala in Wien verliehen wurde. Ihr Nachlass befindet sich im Filmarchiv Austria, Wien.

Weitere Filmrollen: s. Habel; Das große Personenlexikon; Lenk; Denk. – Publ.: Mein Sprechfilmdebüt, in: Mein Film, Nr. 202, 1929 (mit Bildern); Tonfilmgefahren für den Schauspieler, in: Das Kino-Journal, Nr. 1013, 1929.
L.: F.-B. Habel, Verrückt vor Begehren, 1999, S. 88ff. (mit Bild und Auswahlfilmographie); Das große Personenlexikon des Films 3, 2001 (mit Filmographie); S. Lenk, Österreichs Erster Filmstar, DA Wien, 2003 (mit Bild und Filmographie); R. Lenius, Wiener Spuren berühmter Schauspielerinnen und Schauspieler, 2004, S. 57f.; A. Denk, Der Beruf des Stummfilmschauspielers / der Stummfilmschauspielerin im Wien der 1910er und 1920er Jahre, phil. Diss. Wien, 2017, S. 342ff., 476f., 487 (mit Bild und Auswahlfilmographie); Filmarchiv Austria, WStLA, beide Wien.
(A. Denk)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)