Heilig, Bruno (1888–1968), Journalist

Heilig Bruno, Journalist. Geb. Hohenau an der March (Niederösterreich), 26. 4. 1888; gest. Berlin, DDR (D), 23. 7. 1968; mos. Sohn des Kaufmanns Max Heilig (1843–1901) und der aus Ungarn stammenden Rosalia Heilig, geb. Bader, Bruder des Journalisten Ernst Heilig (gest. 6. 3. 1938); verheiratet mit Hilda Heilig, geb. Wodianer. – H. besuchte das humanistische Gymnasium in Lundenburg (1908 Matura) und studierte 1908–10 Rechtswissenschaft an der Universität Wien. Daneben war er ab Frühjahr 1909 als Redaktionsstenograph der Tageszeitung „Die Zeit“, danach in gleicher Funktion beim „Neuen Wiener Journal“ tätig. Nach Ableistung seines Einjährig-Freiwilligen-Jahrs ging er als Journalist nach Budapest, wo er für die ungarische Nachrichtenagentur Magyar Távirati Iroda arbeitete. Im 1. Weltkrieg diente er in einem Telegraphenregiment. Nach Kriegsende kehrte er vorübergehend zur Nachrichtenagentur zurück und wirkte 1920–23 als Nachtredakteur der Budapester Tageszeitung „Pesti Napló“ bzw. ab Ende 1920 als Vertreter des Ullstein-Nachrichtendiensts in Budapest; bis 1928 war er außerdem Korrespondent der zum Ullstein-Imperium gehörigen „Vossischen Zeitung“. Ende Oktober 1928 wurde H. wegen eines Berichts, den er über Demonstrationen nationalistischer Studenten veröffentlicht hatte, aus Ungarn ausgewiesen. Er wechselte nach Berlin, wo er bis Anfang 1931 als Reporter für den Ullstein-Verlag tätig war. Danach berichtete er als Berliner Korrespondent für „Der Wiener Tag“, „Die Stunde“ und die „Prager Presse“. Außerdem wurde er Mitarbeiter des Wiener Montagsblatts „Der Morgen“ und des „Manchester Guardian“. Wegen seiner kritischen Berichterstattung über die wachsende Gefahr des Nationalsozialismus konnten seine Artikel ab Ende Jänner 1933 nur noch ungezeichnet erscheinen. Als ihm die Verhaftung drohte, sah er sich im Sommer des Jahres gezwungen, Berlin zu verlassen, und übersiedelte in die Wiener Redaktion des „Wiener Tags“, wo er bis zum Frühjahr 1934 für die Berichterstattung über die Vorgänge in Deutschland verantwortlich war. Außerdem war er Mitarbeiter der in Wien ansässigen Nachrichtenagentur Transatlantik-Radio, musste aber auf Betreiben des Leiters des Bundespressediensts Eduard Ludwig im November 1934 aus dem Team ausscheiden. H. übernahm für ein Jahr die Redaktion des zionistischen Wochenblatts „Die Stimme“, wobei er sich besonders intensiv mit jüdischen Fragen und der Judenverfolgung in Deutschland beschäftigte. Ab Juli 1935 schrieb er für das Blatt „Der Morgen“, von Anfang 1936 bis zum Sommer 1937 hatte er die redaktionelle Leitung des zionistischen Wochenblatts „Die neue Welt“ inne. Außerdem hielt er zahlreiche Vorträge im Rahmen der zionistischen Jugend- und Erwachsenenbildung. 1936 erschien eine Auswahl seiner Artikel, die er seit 1933/34 im „Morgen“, in der „Stimme“ und der „Neuen Welt“ zu jüdischen Themen veröffentlicht hatte, unter dem Titel „Nicht nur die Juden geht es an“ in Buchform. Danach übernahm er die Wiener Vertretung des Londoner „Jewish Chronicle“. Beides rückte ihn in das Visier der Gestapo und er wurde nach dem „Anschluss“ 1938 verhaftet. Sein letzter Artikel für den „Morgen“ über den Geist der Revolution von 1848 blieb ungedruckt. H. wurde mit dem „Prominenten-Transport“ Anfang April 1938 ins KZ Dachau, von dort im September ins KZ Buchenwald verbracht und im April 1939 aufgrund eines angeblichen Ausreisevisums für Shanghai entlassen. Ende Mai flüchtete H. nach Italien, gelangte mit Hilfe des „Jewish Chronicle“ nach Großbritannien und wurde Mitarbeiter bei „Land & Liberty“, in der er eine Analyse des Untergangs der Weimarer Republik veröffentlichte, sowie des „Jewish Chronicle“. Weiters war er beim Diskussionsforum Austria Tomorrow tätig. Von Juli bis September 1940 auf der Isle of Man interniert, wirkte er in dieser Zeit bei der Lagerzeitung „Mooragh Times“ mit. Seinen Bericht über die Monate im KZ veröffentlichte er 1941 unter dem Titel „Men Crucified“ (mehrfach aufgelegt; deutsch: „Menschen am Kreuz“, 1948, Neuaufl. 2002). Ebenfalls 1941 wurde H. Mitarbeiter der österreichischen Exilzeitschrift „Zeitspiegel“, trat dem Free Austrian Movement bei und gehörte 1942 zu den Mitunterzeichnern der Deklaration österreichischer Exil-Vereinigungen in Großbritannien. Danach wurde er an der Seite von Peter de Mendelssohn Mitarbeiter des „Exchange Telegraph“ und des Exilblatts „Die Zeitung“. Ab Juni 1944 verfasste H. im Rahmen der Supreme Headquarters, Allied Expeditionary Force auch Flugblätter für die alliierte Propaganda gegen Deutschland. Im Sommer 1946 kehrte er als US-Presseoffizier und Angestellter der Deutschen Allgemeinen Nachrichtenagentur (DANA) nach Deutschland zurück und half beim Aufbau von deren Nachrichtenredaktion. Im Rahmen des Office of Chief of Counsel for War Crimes war er ferner bis April 1947 bei der Aufbereitung von Dokumenten für die Nürnberger Prozesse behilflich. Danach ließ er sich nach Berlin versetzen und schied aus dem US-Dienst aus. Von Berlin aus neuerlich für den „Jewish Chronicle“ tätig, übersiedelte H. aber bald in den Ostsektor, wo er Mitarbeiter des ostdeutschen Rundfunks sowie Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands wurde. Ab 1948 leitender Redakteur von „Deutschlands Stimme“, fungierte er 1949–52 gemeinsam mit Max Spangenberg als deren Chefredakteur und Leiter der außenpolitischen Redaktion sowie außenpolitischer Kommentator des DDR-Rundfunks. Ab 1952 war H. nur noch als freier Journalist und Übersetzer ungarischer Literatur (u. a. →Mór von Jókai, Béla Illés, Zsigmond Moricz, Sándor Gergely, Mária Szepes) tätig.

Weitere W.: s. Albrecht – Böttcher.
L.: Der Tag, 8. 12. 1932; Zeitspiegel (London), 12. 10., 15. 11., 13. 12. 1941; Die Presse, 8. 5. 2000; Hdb. der Emigration 1; Schriftsteller der Deutschen Demokratischen Republik und ihre Werke, 1955; Schriftsteller der DDR, ed. G. Albrecht – K. Böttcher, 2. Aufl. 1975 (mit W.); S. M. Patsch, Österreichische Schriftsteller im Exil in Großbritannien, 1985, S. 177ff.; J. Schmitz, DANA/DENA Nachrichtenagentur in der amerikanisch besetzten Zone Deutschlands 1945–49, Diss. München, 1988, S. 37, 39, 41, 272; G. Heilig, Biographische Einleitung zur Sammlung der Zeitungsartikel B. H.s, 1989 (Manuskript, Privatbesitz Wien); A. Reiter, in: Zeitgeschichte 19, 1992, S. 172ff.; A. Reiter, „Auf dass sie entsteigen der Dunkelheit“, 1995, s. Reg.; Lexikon deutsch-jüdischer Autoren 10, 2002; Wer war wer in der DDR?, 1, 5. Aufl. 2010; Ch. Weber, in: Zwischen innerer Emigration und Exil, ed. M. Golaszewski u. a., 2016, S. 219ff.; AdR, DÖW, UA, alle Wien; Deutsches Bundesarchiv Berlin, D; Mitteilung Elisabeth Heilig, Wien.
(Th. Venus)   
Zuletzt aktualisiert: 14.12.2018  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 7 (14.12.2018)

Medien