Löw, Fritzi (Friederike Auguste, Lizzi, Frieda); verheiratete Lazar (1891–1975), Graphikerin, Malerin und Kunsthandwerkerin

Löw Fritzi (Friederike Auguste, Lizzi, Frieda), verheiratete Lazar, Graphikerin, Malerin und Kunsthandwerkerin. Geb. Wien, 23. 10. 1891; gest. ebd., 19. 9. 1975 (ehrenhalber gewidmetes Grab: Urnenhain der Feuerhalle Simmering); röm.-kath. Tochter des Prokuristen Carl Alexander Löw (geb. 19. 12. 1851; gest. 5. 7. 1935) und der Maria Katharina Löw, geb. Waßhuber (geb. 2. 7. 1861; gest. 20. 2. 1945); ab 1919 verheiratet mit dem Rechtsanwalt Dr. Ernst Alois August Lazar (geb. Wien, 16. 12. 1889; gest. ebd., 14. 1. 1976). – L. absolvierte 1907–10 die Kunstschule für Frauen und Mädchen und besuchte danach die Kunstgewerbeschule des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie. Dort studierte sie 1910–19 bei Adolf Böhm (Naturstudium), →Oskar Strnad (Allgemeine Formenlehre), Anton Ritter von Kenner (Anatomisches Zeichnen und Modellieren), Michael Powolny (Keramik), Erich Mallina (Allgemeines Aktzeichnen) sowie in den Fachklassen von →Josef Hoffmann, →Rudolf von Larisch, →Anton Hanak, →Franz Čižek und in der Werkstätte für Email bei →Adele von Stark. Bereits 1910–12 schuf sie Postkartenentwürfe für die Wiener Werkstätte sowie Arbeiten für die Porzellan-Manufaktur Josef Böck. 1913 beteiligte sie sich am Wettbewerb des Jung-Wiener-Mode-Komitees und gewann mit einer zwölfteiligen Serie von Modeentwürfen den 1. Preis. 1913/14 arbeitete L. an dem Mappenwerk „Mode Wien 1914/15“ und stellte 1914 Modeentwürfe auf der Werkbundausstellung in Köln aus. Im selben Jahr nahm sie an der Wiener Schleier-Redoute Sang und Klang 1814–1914 in den Sophiensälen teil und übernahm als Mitglied des Künstlerkomitees auch die Gestaltung des Veranstaltungsplakats. Es folgten weitere Tätigkeiten für die Wiener Werkstätte (1914–21), für die sie u. a. Wandmalereien, Schmuck, Spielzeug, Dosen, Mode- und Textilentwürfe sowie Keramik und Graphik entwarf; daneben fertigte sie 1915 Illustrationen für die Monatsschrift „Der Kleiderkasten“. Gemeinsam mit Hilda Jesser, Irene Schaschl, Lilly Jacobsen und →Vally Wieselthier schuf sie 1918 farbige Wandmalereien für die Verkaufsräume der Textil- und Lampenabteilung der Wiener Werkstätte in der Kärntnerstraße 32 (Wien 1). 1917–23 arbeitete sie mit dem Verlag Anton Schroll & Co zusammen, für den sie Farblithographien und Buchschmuck für Liebhaberausgaben, Entwürfe für Einbände und Vorsatzpapiere schuf. L. avancierte zu einer gefragten Illustratorin und arbeitete bis Mitte der 1920er-Jahre auch mit dem Ed. Strache Verlag (gemeinsam mit →Mizi Otten-Friedmann), Gerlach & Wiedling, der Gesellschaft für Graphische Industrie in Wien sowie mit Morawe & Scheffelt in Berlin und dem Josef Singer Verlag in Leipzig zusammen. Ihre oft heiter wirkenden, figurativen Arbeiten dieser Zeit sind durch feine Linien und Punkte, ein zartes Kolorit sowie aus dem Rokoko und dem Biedermeier entlehntes Formenvokabular bestimmt. In den 1920er-Jahren entwarf L. zudem Einpackpapiere für die Confiserie Altmann & Kühne. 1920 war sie an der Kunstschau im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie beteiligt, 1925 auf der Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes in Paris und ab 1927 an den Ausstellungen der Vereinigung Bildender Künstlerinnen und Kunsthandwerkerinnen „Wiener Frauenkunst“. Gemeinsam mit Anni Schröder führte sie 1928 ein Batik-Wandbild nach einem Entwurf des Architekten Hugo Gorge aus. Ab den 1930er-Jahren kreierte sie Zeichnungen, die weniger durch Heiterkeit als durch Ironie und hohe Hell-Dunkel-Kontrastwirkungen geprägt waren. 1938 emigrierte L. gemeinsam mit ihrem Mann über Dänemark nach England, von wo sie im April 1939 nach Rio de Janeiro auswanderte. In Brasilien arbeitete sie als Illustratorin und Übersetzerin, war mit der Bemalung von Behältnismöbeln beschäftigt und verfasste mehrere (unveröffentlichte) Erzählungen. 1949 unternahm ihr Mann erste Versuche, nach Österreich zurückzukehren, ab 1955 lebten beide wieder in Wien, wo L. nachweislich bis in die 1960er-Jahre künstlerisch tätig war. Sie schuf Einladungskarten, farbige Nadelstichbilder sowie Gouachen, die sich durch ihre reduzierte Farbigkeit und ihre teilweise dystopische Gesamtwirkung von ihren früheren Arbeiten unterscheiden. L. war Mitglied der Wiener Frauenkunst, der Vereinigung der arbeitenden Frauen sowie des Österreichischen Werkbunds. Arbeiten der Künstlerin sind u. a. im MAK – Museum für angewandte Kunst (Wien), im Metropolitan Museum of Art (New York City) sowie im Victoria and Albert Museum (London) zu finden.

L.: AKL; Fuchs, Geburtsjgg.; Hdb. jüd. AutorInnen; Thieme–Becker; Vollmer; L’Autriche à l’Exposition Internationale des Arts Décoratifs et Industriels Modernes, 1925, S. 45; Innendekoration: mein Heim, mein Stolz 39, 1928, S. 8f.; Mitteilungen der „Vereinigung der arbeitenden Frauen“ 26, 1928, S. 6, 13; O Malho, 1939, H. 314, S. 23; Jugendstilpostkarten, ed. H. Dichand, 6. Aufl. 1984, S. 169f.; A. Gmeiner – G. Pirhofer, Der österreichische Werkbund, 1985, S. 236; S. Plakolm-Forsthuber, Künstlerinnen in Österreich 1897–1938, 1994, s. Reg. (mit Bild); E. Fischer, Buchgestaltung im Exil 1933–50, Frankfurt am Main 2003, S. 186 (Kat.); H. Brenner, Jüdische Frauen in der bildenden Kunst 2, ed. E. R. Wiehn, 2004; U. Ladnar, in: Das Jahrbuch 2007. Exlibriskunst und Graphik, 2007, S. 71ff.; Die Frauen der Wiener Werkstätte, ed. A.-K. Rossberg, Wien 2020, S. 240f. (Kat.); Wien Geschichte Wiki (Zugriff 22. 4. 2021); Pfarre Alservorstadt, Pfarre Unsere Liebe Frau zu den Schotten, beide Wien.
(M. Hölters)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)