Mitteis, Ludwig (1859-1921), Jurist

Mitteis Ludwig, Jurist. * Laibach, 17. 3. 1859; † Leipzig, 26. 12. 1921. Stud. an der Univ. Wien bei F. Hofmann (s. d.), Pfaff, Maassen (s. d.), Siegel und A. Exner (s. d.) Jus, 1881 Dr.jur.; 1880–86 war er im Gerichtsdienst, stud. aber dazwischen (1882/83) in Leipzig weiter, 1884 Habil. für röm. Recht an der Univ. Wien. 1886 Juristenpräfekt an der Theresian. Akad. 1887 ao. Prof., 1891 o. Prof. an der Dt. Univ. Prag, 1895 o. Prof. an der Univ. Wien, 1899 o. Prof. an der Univ. Leipzig. Eine Berufung nach Berlin (1901) lehnte er ab. M.‛ wiss. Interessen begannen – auch für Österr. vor 1900 noch ganz verständlich – am Gegenstand des gemeinen Rechts, das vor 1900 in Deutschland sogar noch geltendes Recht war. Mit der Übersiedlung nach Prag widmete er sich jedoch stärker der Rechtsgeschichte. Das röm. Recht sah er geschichtlich in Phasen der Entwicklung und in der Begegnung mit anderen Rechten des Mittelmeerraumes. Die Jurist. Papyrol., eine ganz neue Disziplin, gewann in ihm einen bedeutenden Vertreter. Beide Interessengebiete führten ihn zum Kontakt mit der Graecistik und Orientalistik. Als die Echtheitskritik der röm. Rechtsquellen im Neuhumanismus einen steilen Aufstieg begann, wirkte er mäßigend und hatte mit seinem Aufruf zur Herstellung eines Verzeichnisses aller angenommenen Textveränderungen aus justinian. und vorjustinian. Zeit (Index interpolationum) Erfolg. M. war ein ausgezeichneter Lehrer. Er vermochte in Leipzig eine Schule zu bilden, die internationales Ansehen hatte und heute noch wiss. wirksam ist. Ab 1901 bestimmte er als Red. den Geist der Savigny-Z., romanist. Abt., einer der bedeutendsten Fachz. Vielfach geehrt und ausgezeichnet, u. a. Dr.phil. h.c. der Univ. Breslau (1902), Athen (1912) und Oxford (1914), 1895 korr., 1907 Ehrenmitgl. der Akad. der Wiss. in Wien.

W.: Die Lehre von der Stellvertretung nach röm. Recht mit Berücksichtigung des österr. Rechtes, 1885; Die Individualisierung der Obligation, 1886; Reichsrecht und Volksrecht in den östlichen Provinzen des röm. Kaiserreiches, 1891; Röm. Privatrecht bis auf die Zeit Diokletians, in: Systemat. Hdb. der dt. Rechtswiss., Abt. 1/6, 1908; Grundzüge und Chrestomathie der Papyruskde., gem. mit U. Wilcken, 1912; zahlreiche Papyruskommentare, bes. zur Smlg. Erzh. Rainer, Wien; etc. Hrsg.: Index interpolationum in Justiniani digestis, 1929. Mithrsg.: ZRG, Romanist. Abt., Bd. 22 ff., 1901 ff.
L.: N. Fr. Pr. vom 2. 1. 1922; ZRG, Romanist. Abt., Bd. 43, 1922, S. 1 ff.; Almanach Wien, 1922; Berr. über die Verhh. der Sächs. Akad. zu Leipzig, phil. hist. Kl., Bd. 74, 1923, S. 21; E. Weiß, Erinnerungen an L. M., 1922; Gedenkschrift für L. M., 1923; L. Wenger, L. M. und sein Werk, 1923; Kosch, Das kath. Deutschland; Wer ist’s? 1905–14; Biograph. Jb., 1927; Enc. It.
(W. Selb)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 6 (Lfg. 29, 1975), S. 323f.
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