Nagl, Johann Willibald (1856-1918), Germanist und Schriftsteller

Nagl Johann Willibald, Germanist und Schriftsteller. * Natschbach b. Neunkirchen (NÖ), 11. 5. 1856; † Diepolz b. Neunkirchen (NÖ), 23. 7. 1918. Stud. nach einem bald wieder abgebrochenen Theol.-Stud. Phil. und Germanistik an der Univ. Wien, 1886 Dr. phil. Neben seiner Lehrtätigkeit an verschiedenen Schulen war N. ab 1890 als Priv. Doz. für Mundartforschung an der Univ. Wien tätig. Er darf neben Seemüller zu den Initiatoren der Wr. mundartkundlichen Schule (z. B. als Hrsg. der Z. „Deutsche Mundarten“) gezählt werden, wenn auch manche von ihm angeschnittene Probleme später anderen Lösungen zugeführt wurden. Schon als Schottenkleriker hatte N. begonnen, die alte Tierfabel von Reineke Fuchs in seiner niederösterr. Heimatmundart darzustellen. Als Vorlage für das Dialektepos „Der Fuchs Roáner, á lehrreichs und kürzweiligs Gleichnus aus derselbigen Zeit, wo d’Viecher noh hab’n red’n künná. Aus uralten, vierhundert- bis sechshundertjährigen Büchern neu in die Welt gestellt für die österreichischen Landsleute“ dienten Goethes „Reineke Fuchs“, aber auch die alten Texte des Reinaert und des Reinke de vos. N. gelang es dabei nicht nur, den niederösterr. Bauerndialekt, sondern auch die gesamte bäuerliche Anschauungswelt des Neunkirchner Raumes lebendig darzustellen. Gem. mit Zeidler begründete N. außerdem die vierbändige „Deutsch-österreichische Literaturgeschichte“, die später von Castle fortgesetzt wurde. Überdies befaßte sich N. mit Stud. über den niederösterr. Bauernstand, von denen er einige im Selbstverlag veröff.

W.: Da Roanad. Grammatik des niederösterr. Dialekts, 1886; Der Fuchs Roáner . . ., 1889, 2. Aufl. 1909; Vokalismus der bayr.-österr. Mundart, 1895; Geograph. Namenkde., in: Die Erdkde. 18, 1903; Dt. Sprachlehre . . ., 1905, 2. Aufl. 1906; etc. Hrsg.: Dt. Mundarten, 1896 ff.; Dt.-österr. Literaturgeschichte, 4 Bde., gem. mit J. Zeidler und E. Castle, 1899–1937.
L.: RP vom 2. und 11. 5. 1916, 27. 7. und 15. 8. 1918; Wr. Ztg. und N. Fr. Pr. vom 26. 7. 1918; Z. für österr. Volkskde., Jg. 3, 1897, S. 319, Jg. 4, 1898, S. 52; Monatsbl. des Ver. für Landeskde. von NÖ, Jg. 17, 1918, S. 190 ff.; Petermanns Mitt., 1918, S. 228; Unsere Heimat, NF, Bd. 11, 1938, S. 200 ff.; I. M. Swift Peacock, Der grammat. Anhang J. W. N.s „Fuchs Roánad“ im Vergleich mit dem heute lebendigen Wortschatz in der Mundart der Gemeinde Hafning, Bez. Neunkirchen, NÖ, phil. Diss. Wien, 1969; Giebisch–Gugitz; Kosel; Rollett, Neue Beitrr., Tl. 10, 1898, S. 80; Kosch, Das kath. Deutschland; Wer ist’s? 1905–14.
(M. Hornung)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 7 (Lfg. 31, 1976), S. 21
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