Richter Elise, Romanistin. * Wien, 2. 3. 1865; † KZ Theresienstadt (Terezín, Böhmen), 21. 6. 1943. Tochter des Chefarztes der Südbahn, Maximilian R., Schwester der Anglistin und Theaterwissenschafterin Helene R. (s. d.); erhielt gem. mit dieser ausschließlich Privatunterricht, legte 1897 in Wien am Akadem. Gymn. die Externistenmatura ab und stud. 1897–1901 an der Univ. Wien Romanistik (bei Mussafia und Meyer-Lübke, beide s. d.), allg. Sprachwiss., klass. Philol. und Germanistik. 1901 Dr. phil. (erster weiblicher Dr. der romanist. Fachgruppe an der Univ. Wien), 1907 habil. sie sich als erste Frau in Österr. an der Univ. Wien, 1921 Tit. ao. Prof., 1938 als Jüdin entlassen. R. bekundete ihr humanist. Wissenschaftsverständnis in der Spannung zwischen der Untersuchung letzter philolog. Einheiten und ihrer Einordnung in das Konzept der Gesamtheit sprachlicher Erscheinungen. Die von ihr behandelten Gebiete umfassen im Rahmen der allg. Sprachwiss. die Semantik, die Syntax und die Wortbildungslehre; im Bereich der Phonetik und der Phonol. machte sie das psycholog. Geschehen bewußt. Soweit sie sich mit vergleichender roman. Sprachwiss. und Sprachgeschichte beschäftigte, wahrte sie nicht nur im besten Sinn die Wr. romanist. Tradition, sondern erfüllte auch durch ihre Aufgeschlossenheit gegenüber Neuerungsbestrebungen in der Forschung eine Vermittlerfunktion zur modernen Weiterentwicklung der Philol. In ihren Publ. trug sie auf hohem wiss. Niveau auch den Erfordernissen der Lehre Rechnung, schuf klare Definitionen, brachte ein reiches Angebot an Dokumentation und Analysen unter ständiger Berücksichtigung des jeweils aktuellen Forschungsstandes und im Zusammenhang mit psycholog. und kulturellen Hintergründen. 1922–30 fungierte sie als Vorsitzende des von ihr mitgegründeten Verbandes der akadem. Frauen Österr.