Riedel, Josef Anton (1862-1924), Großindustrieller und Erfinder

Riedel Josef Anton, Großindustrieller und Erfinder. * Polaun (Polubný, Böhmen), 20. 4. 1862; † Tiefenbach (Hluboká, Böhmen), 30. 1. 1924. Sohn des Großindustriellen Josef R. (s. d.); stud. ab 1880 an der École de Chimie in Mühlhausen (Elsaß). 1883 trat er in die väterliche Fa. J. R. ein, richtete ein beachtliches chem. Laboratorium zur Analyse des Rohglases ein und machte Erfindungen in der Glastechnik. Nach dem Tod seines Vaters (1894) führte R. gem. mit seinen Brüdern Wilhelm J. (1849–1929) und Otto K. (1854–1901) die Werke weiter, ab 1916 als Alleininhaber. Die Fabrik in Unter Maxdorf wurde 1894 umgestellt auf eine Baumwollweberei mit 48 Webstühlen, der Spinnerei in Wurzelsdorf (Kořenov) wurde eine Kettgarn- und Stranggarnschlichterei mit Stranggarnfärberei angeschlossen. R. entwickelte Neurot und Korall und führte das Neurot als Selenrubin in der Verkehrstechnik ein. Er erfand Katzenaugen und Rückstrahler sowie die roten Eisenbahnsignale und Verkehrsampeln. Er erkannte, daß Glas mit Metallen erst zu kleben beginnt, wenn beim Verpressen eine nicht glatte Oberfläche durch eine Oxydschicht einen glatten Druck ermöglicht. Hervorragend waren seine Arbeiten auf dem Gebiet des Preßglases für nicht geschliffene Linsen für die Straßenoptik. Die bedeutendste Erfindung war die unter seiner Leitung in der Bronzewarenfabrik entwickelte Technik des Spritzens von niedrig schmelzenden Metallen auf Glas. Er konstruierte eine Ziehmaschine zur Herstellung von Stabglas oder Röhren von 1–4 mm Durchmesser als Rohglas zur Herstellung von Perlen. Auf einer Ausst. in Frankfurt a. M. zeigte er um 1885 erstmals glatte und farbige Lichtschalen für Beleuchtungen; auch die ersten wasserdichten Straßenbeleuchtungskörper sind sein Werk. R. führte als erster in Böhmen das Rondieren von Glasperlen mit venetian. Schmelz (Rocailleperle) ein. Er wirkte bahnbrechend durch Förderung der wiss. Grundlagen der Glasind., durch Anpassung der Rohglaserzeugung an die vielfältigen Erfordernisse der Weiterverarbeitung und durch Zusammenarbeit mit den Glasraffineuren in den Anforderungen der Formentechnik. Die Gablonzer Schmuckind. nahm durch ihn einen bedeutenden Aufschwung. R. erwarb sich auch große Verdienste um die Gesundheit der in seinen Betrieben Beschäftigten, u. a. durch den Bau einer Lungenheilstätte und von Arbeiterwohnhäusern.

L.: Reichenberger Ztg. vom 30. (Abendausg), 31. 1., 1. 2. 1924 und 5. 5. 1962; Dt. Ztg. Bohemia vom 31. 1. und 1. 2. 1924; Das Glas war seine Welt, in: Isergebirgs-Rundschau 16, 1962, S. 3 f.; G. Töpel, Unsere Toten, in: Sudetendt. Jb., 1925, S. 148; Mitt. des Ver. für Heimatkde. des Jeschken-Isergaues 18, 1924, S. 49, 23, 1929, S. 200, 29, 1935, S. 40; Großind. Österr. 4, S. 231, 256, Erg.Bd. 2, S. 134 f.
(E. Marschner)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 42, 1985), S. 137
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