Sacher-Masoch, Leopold Johann Ritter von; bis 1838 Sacher (1797–1874), Naturwissenschaftler und Beamter

Sacher-Masoch Leopold Johann Ritter von, bis 1838 Sacher, Naturwissenschaftler und Beamter. Geb. Kallusch, Galizien (Kalus, UA), 26. 12. 1797; gest. Bruck an der Mur (Steiermark), 10. 9. 1874; röm.-kath. Sohn des Beamten und Gubernialrats Johann Stephan Ritter von Sacher (geb. Bad Königswart, Böhmen / Lázně Kynžvart, CZ, 27. 3. 1759; gest. Lemberg, Galizien / Lʼviv, UA, 22. 9. 1836) und der Rosa Edlen von Sacher, geb. Robel (geb. ca. 1776; gest. Lemberg, 18. 5. 1860), Bruder des Verwaltungsbeamten und Naturwissenschaftlers Carl Ritter von Sacher (geb. Kallusch, 1798; gest. Ofen / Budapest, H, 1872), Vater von →Leopold von Sacher-Masoch; ab 1827 verheiratet mit Carolina Josepha Edle von Sacher, geb. Masoch (geb. Lemberg, 27. 10. 1802; gest. Graz, Steiermark, 9. 1. 1870). – Nach dem Besuch des Gymnasiums und den juridischen Studien in Lemberg arbeitete S. als Gubernial- und Präsidial-Konzipist, wurde 1826 durch →Franz Freiherr Krieg von Hochfelden als Kreiskommissär 2. Klasse in den Staatsdienst eingeführt und wirkte bis 1828 im Bezirk Tarnopol. 1829 zum Kreiskommissär 1. Klasse in Galizien ernannt, verwaltete er in der Folge bis 1831 den Bezirk Bochnia. Ende November dieses Jahres mit dem Titel eines Gubernialrats zum Polizeidirektor von Lemberg befördert, verblieb S. in dieser Stellung bis 1849 und war aufgrund seiner Loyalität und Kaisertreue maßgeblich an der Bekämpfung der polnischen Revolutionen 1831 und 1846 beteiligt. 1849 zum provisorischen Leiter der Stadthauptmannschaft in Prag ernannt, wurde er dort 1850 mit dem Charakter eines Statthaltereirats 1. Klasse zum Stadthauptmann befördert. 1854 wechselte er als Vorstand der Polizeidirektion nach Graz, wo er Ende 1855 in den Ruhestand trat. In Lemberg sammelte S., teilweise angeregt durch →Alexander Zawadzki, eifrig Naturalien, besonderes Augenmerk legte er dabei auf Insekten, Mineralien und Fossilien. Über die Wichtigkeit von Fossilien für die Geologie allgemein und über neue Funde aus der Umgebung von Lemberg veröffentlichte er einen Aufsatz unter dem Titel „Geologisches“ (in: Lemberger Zeitung, 1843, Nr. 42) bzw. „Geologische Nachrichten“ (in: Wiener Zeitung, 26. 5. 1843). In Prag wirkte er v. a. als Wissenschaftskoordinator und -vermittler und förderte die Naturwissenschaften durch wertvolle und einzigartige Spenden an Fachwissenschaftler, Museen und Schulen sowie durch Leihgaben aus seinen umfangreichen Kollektionen. So publizierten beispielsweise →Joachim Barrande und der Mineraloge Franz Xaver Zippe mehrfach über Objekte aus S.s Sammlungen. Über die politischen Ereignisse des Vormärz in Galizien verfasste S. anonym das umfangreiche Werk „Polnische Revolutionen. Erinnerungen an Galizien“ (1863), posthum erschienen die „Memoiren eines österreichischen Polizeidirektors“ (in: Auf der Höhe 2, 1882). S. war u. a. ab 1849 Mitglied der Deutschen Geologischen Gesellschaft, 1849–54 Obmann des neu gegründeten naturhistorischen Vereins Lotos in Prag, ab 1852 Ehrenmitglied der Königlich böhmischen Gesellschaft der Wissenschaften und Ausschussmitglied des Böhmischen Museums, ab 1854 Korrespondent der Geologischen Reichsanstalt in Wien und ab 1855 Mitglied der naturwissenschaftlichen Sektion der mährisch-schlesischen Gesellschaft zur Beförderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde in Brünn. 1847 Hofrat, erhielt er 1854 das Komturkreuz II. Klasse des sächsischen Albrecht-Ordens und das Komturkreuz des Franz Joseph-Ordens. Nach ihm wurden u. a. 1848 eine fossile Kreiselschnecke Turbo sacheri, 1850 ein fossiles Porentierchen Spirolina sacheri, 1852 ein Trilobit Paradoxides sacheri und 1854 eine fossile Koralle Coelosmilia sacheri benannt.

L.: WZ, 16. 2. 1826, 25. 4. 1829, 1. 12. 1838, 6. 11. 1850, 7. 10. 1854; Agramer Zeitung, 5. 11. 1872; NWT, 12. 9. 1874; Tagespost (Graz), 14., 16. 9. 1874; Le Gaulois, 20. 8. 1887; Lemberger Zeitung, 1831, Nr. 148, S. 773; A. Wraný, Die Pflege der Mineralogie in Böhmen, 1896, s. Reg.; R. Sadaj, Kto był kim w Galicji i Lodomerii, 1993, S. 212ff.; H. Jäger-Sunstenau, in: Adler 18, 1996, S. 275ff.; M. Svojtka, in: Berichte der Geologischen Bundesanstalt 45, 2009, S. 40ff.; M. Svojtka, in: Scripta geo-historica 4, 2010, S. 141ff. (mit Bild); W. Sabitzer, in: Öffentliche Sicherheit, 2017, S. 93ff.; Pfarre Bruck an der Mur, Steiermark; Chram svjatoho Andrija, Lʼviv, UA.
(M. Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 20.12.2021  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 10 (20.12.2021)