Schmarda Ludwig Karl, Zoologe und Forschungsreisender. Geb. Olmütz, Mähren (Olomouc, Tschechoslowakei), 23. 8. 1819; gest. Wien, 7. 4. 1908. Bruder des Vorigen und Anton v. S. (s. unter Karl Johann v. S.); stud. nach Absolv. der philosoph. Jgg. an der Univ. Olmütz ab 1837 Med. an der Medizin.-chirurg. Josephsakad. und Naturwiss., bes. Zool., an der Univ. Wien. 1841 Dr. phil. (Olmütz), 1843 Dr. med. et chir., Mag. obstet. et ophth., wurde er als Oberfeldarzt zum Dragonerrgt. 2 assentiert und wirkte als Ass. bzw. Supplent der Lehrkanzel für spezielle Naturgeschichte an der Josephsakad. 1848 wurde er vorerst Supplent, noch im selben Jahr aber Prof. für Naturgeschichte und Geographie an der ständ. Realschule in Graz, suppl. 1848 daneben die Lehrkanzel für Landwirtschaft, 1848/49 auch jene für Anthropol. und 1849 jene für Zool. am Joanneum. 1850 übernahm er das Ordinariat für Naturgeschichte an der Univ. Graz und betreute nach der Teilung der Lehrkanzel die Zool. 1852 erhielt er einen einjährigen Urlaub für Forschungen im Rahmen einer von Franz Frh. v. Fridau finanzierten Weltreise und die mündliche Zusage für eine Verlängerung. Noch im selben Jahr zum o. Prof. für Zool. an der Univ. Prag und Dir. des Zoolog. Kabinetts ernannt, erreichte ihn 1853 auf Ceylon (Sri Lanka) die Aufforderung zur Zurücklegung seines Amts wegen Urlaubsüberschreitung und polit. Bedenklichkeit. S., der sich schon 1849 gegen letztere Vorwürfe hatte rechtfertigen können, resignierte nicht, wurde daraufhin 1855 seines Postens enthoben und lebte nach seiner Rückkehr (1857) auf Fridaus Gütern in der Stmk., in Paris und Berlin. 1861 rehabilitiert, übernahm er 1862 die Lehrkanzel für Zool. an der Univ. Wien, war 1876/77 Dekan der philosoph. Fak., emer. aber 1883 frühzeitig. S. sammelte 1843 und 1846 sowie 1863–65 Meerestiere an der Adria, 1868 an den französ. Küsten, und brachte reiches Material von der Weltreise mit. Die Ergebnisse seiner Forschungen veröff. er in zahlreichen Publ., die tw. Pionierleistungen darstellen. In seiner Arbeit über den tier. Trieb wies er auf angeborene Verhaltensweisen einzelner Arten hin und noch vor seiner Weltreise stellte er, wie erst ein halbes Jh. später u. a. Friedrich Dahl, eine ökolog. Tiergeographie auf, in welcher er die Tierwelt in 30 durch charakterist. Gruppen gekennzeichnete „Reiche“ einteilte. Sein Gedanke vom Einfluß verschiedener Klimafaktoren ist noch heute modern. Zahlreiche neue Arten konnte er in seinem Reiseber. beschreiben und in seiner zoolog. Monographie berücksichtigte er neben den systemat. auch physiolog. Momente. S., ein ausgezeichneter Pädagoge, organisierte in Graz den zoolog. Lehrbetrieb, baute Smlgg. und Bibl. auf, sorgte in Wien für einen brauchbaren Lehrapparat und hielt auch volkstümliche Vorträge. 1869 übernahm er das Zoolog. Mus., das seine eigene Smlg. nach Ankauf durch den Staat aufnahm, während seine Fossilien in das Mus. des Paläontolog. Inst. gelangten. Im Ruhestand zog sich S. immer mehr von der Außenwelt zurück. Er wurde vielfach geehrt, u. a. 1867 korr., 1870 w. Mitgl. der Akad. der Wiss. in Wien, 1883 HR; einige Pflanzenbzw. Tierarten sind nach ihm benannt. S., Vertreter der älteren Richtung der Naturgeschichte, zählt zu den bedeutendsten Tiergeographen.