Schmidt, (Christoph) Rudolf (1865-1928), Großindustrieller

Schmidt, — (Christoph) Rudolf Großindustrieller. Geb. Ründeroth, Preußen (Deutschland), 29. 3. 1865; gest. Hinterbrühl (NÖ), 24. 11. 1928. In der Familie hatte das Schmiedehandwerk eine Tradition, die sich bis 1706 zurückverfolgen läßt und auch den Familiennamen bewirkte; der Vater, Christoph S., besaß eine Wagenfabrik. Evang. HB. Nach diversen Anstellungen war S. 1884–92 in der Fa. Schmidt & Clemens, Stahlgroßhandlung und Hammerwerk, Frankfurt a. M., an der ein Bruder S.s beteiligt war, beschäftigt. Mit Hugo Rosenthal (geb. Hückeswagen, Preußen, 22. 12. 1858; gest. Wien, 3. 2. 1949), den er im Rahmen seiner berufl. Tätigkeit kennengelernt hatte, machte er sich selbständig und gründete – eine Marktnische nützend –1892 in Wien X. eine Feilenhauerei. Die verlangte Qualität verbürgten die ersten 15 Facharbeiter, die in Remscheid, einem Zentrum der Feilenhauerei, angeworben worden waren. Zur Überwindung der anfängl. Schwierigkeiten trug die Entwicklung des später patentierten „Ajax“-Blattfedernhammers nach den Vorstellungen Rosenthals bei. Er diente zum Schmieden der Feilenkörper im eigenen Unternehmen, wurde aber auch für andere Betriebe hergestellt, allein bis zum Ende des Ersten Weltkriegs in über 3.000 Stück. Weiters wurde in das Produktionsprogramm das Ausschmieden von Edelstählen aufgenommen. S. unternahm zahlreiche Geschäftsreisen zur Förderung des Absatzes der Feilen mit der Hufeisen-Marke. 1897 wurde eine Filialfabrik in Cikanka (Cikánka, Böhmen) eingerichtet, später eine weitere in Böhm. Skalitz (Česká Skalice), 1900 übersiedelte die Fa. in eine neue, größere Anlage in Wien X. Dort wurde 1902 hochwertiger Werkzeuggußstahl hergestellt, bald das Hauptprodukt des Unternehmens. Auch mit der Erzeugung von Schnelldrehstählen, wie sie in den USA entwickelt worden waren, erzielte das Unternehmen unter dem Markennamen „Revolver 5/0“ bes. Erfolge: als Spezialerzeugnis wurden Gesteinsbohrer hergestellt, die z. B. beim Bau des Tauerntunnels Verwendung fanden. Während des Ersten Weltkriegs, der eine Scheinblüte des Stahlwerks herbeiführte, wurden auch Geschoße hergestellt. Der Ausweitung des Unternehmens gemäß ließen S. und Rosenthal weitere Gesellschafter eintreten, so 1909 den Bruder S. s, Friedrich Karl (Fritz) S. (geb. Ründeroth, 1. 8. 1871; gest. Berlin/Deutschland, 3. 4. 1930); dann wurde, um die Kapitalbasis zu erweitern, die offene Handelsges. in eine Kommanditges. umgewandelt, 1924 erhielt das Wr. Hauptwerk unter Einschluß einer Fabriksanlage in Steinabrückl (NÖ) als „Österreichische Schmidtstahlwerke AG“ eine neue Rechtsform, während die im Ausland befindt. Betriebe weiterhin im Eigentum der Rudolf Schmidt & Co. KG verblieben; von Söhnen der Firmengründer geleitet, verlagerte sich wegen günstigerer Bedingungen auf Kosten der AG ein Tl. der Produktion (wie die Werke in Düsseldorf-Heerdt, Prag, Iglau/Jihlava und Bukarest sowie ein Handelsunternehmen in Mailand) dorthin. S., ab 1911 österr. Staatsbürger, erhielt die Titel k. Rat und 1923 Kommerzialrat. Er half an entscheidender Stelle, ein Stahlunternehmen aufund auszubauen und diesem internationalen Rang zu geben. Von seinen drei Söhnen erlangte Rudolf S. (geb. Wien, 24. 11. 1894; gest. ebenda, 19. 4. 1955), evang. HB und Presbyter in Wien I., als Erfinder des Torstahls Bedeutung.

L.: Wr. Ztg. vom 8. 8. 1903, S. 103 (Jubiläums-Festn.); Die Ind. vom 30. 11. 1928; Großind. Österr., Erg.Bd. 2, S. 184f.; Ihren hochverehrten Herren Chefs, H. Rosenthal, R. Schmidt,f. Schmidt, anläßlich des 25jährigen Bestandes der am 22. 9. 1892 gegründeten Fa. Rudolf Schmidt & Co. . . ., (1917), S. 1ff. (FS); Favoriten, hrsg. von K. Dorn, 1928, S. 154ff.; 1892–1967. Schmidtstahlwerke AG (Rudolf Schmidt & Co., Wien), (1967), S. 6ff. (FS) (mit Bildern); Die evang. Gemeinde H. B. in Wien, hrsg. von P. Karner ( = Forschungen und Beitrr. zur Wr. Stadtgeschichte 16), 1986, s. Reg.; f. Mathis,Big Business in Österr., 1987, S. 257 ff; Wr. Stadt- und LA, Wien; Mitt. Rudolf Schmidt, TORRES, Betonstahl-Forschung GmbH, Wien.
(J. Mentschl)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 293f.
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