Schmidl, Adolf (Anton); Ps. Salmoser (1802-1863), Topograph, Geograph, Höhlenforscher und Schriftsteller

Schmidl Adolf (Anton), Ps. Salmoser, Topograph, Geograph, Höhlenforscher und Schriftsteller. Geb. Königswart, Böhmen (Lázně Kynžvart, Tschechien), 18. 5. 1802; gest. Ofen, Kom. Pest (Budapest, Ungarn), 20. 11. 1863. Sohn eines aus Sachsen stammenden Mediziners, der ca.1817 nach Wien kam. Besuchte 1812–18 das Akadem. Gymn. in Wien, absolv. ab 1818 die philosoph. Jgg. an der Univ. und stud. ab 1821 dort Jus, daneben aber auch Phil. (1844 Dr. phil.). Nach Beendigung des Jusstud. war er 1826/27 Praktikant am Münz- und Antikenkabinett, wurde 1827 Adjunkt für das Lehramt der Phil., suppl. 1828 diese Lehrkanzel, trat nach erfolglosen Bewerbungen um verschiedene Lehrkanzeln 1832 in den Dienst des Bücherrevisionsamtes und wirkte ab 1833 als Erzieher in der Familie des Fürsten Ferdinand Lobkowitz sowie ab 1844 als Hrsg. und Red. der „Oesterreichischen Blätter für Literatur und Kunst . . . “. 1848 wurde er zum Ersten Aktuar der ein Jahr vorher gegründeten Akad. der Wiss. in Wien berufen. Daneben trug S., der schon 1847 die Bewilligung zur Abhaltung kunsthist. und geograph. Vorlesungen an der Univ. Wien erhalten hatte, 1848–52 unentgeltl. auch am Polytechn. Inst. Erdkde. und Geographie von Österr. vor und erhielt 1857 schließl. eine Berufung als Prof. für Geschichte, Geographie und Statistik an das Josephs-Polytechnikum nach Ofen. Seit seiner Jugend unternahm S. zahlreiche ausgedehnte Wanderungen in den österr. Alpen und bereiste weite Teile der österr. Monarchie; tw. auf seinen Erfahrungen aufbauend, verf. er mehrere weitverbreitete und z. Tl. oftmals aufgelegte Führer, sog. Reisehdbb., des österr. Kaiserstaates und einzelner Teilgebiete desselben, mit denen er eigentl. Länderkunden bietet. Hervorzuheben ist jener von Wien und dessen weiterer Umgebung. S. entwickelte ein länderkundl. Schema, das Land, Volk, Staat und Topographie umfaßte. Er beschäftigte sich aber auch mit der Erforschung von Höhlen, zunächst im krain. Karstgebiet, wo er u. a. im Auftrag des Handelsmin. den unterird. Lauf der Recca (Reka) untersuchte, dann auch in Nordungarn und NÖ. Er legte genaue Beschreibungen und Planaufnahmen an, verglich darüber hinaus aber auch die Gegebenheiten von Feuchtigkeit, Temperatur, Luftdruck, die unterird. Hydrol. sowie die Tierwelt. Alle diese Momente betrachtete er als integrierende Bestandteile eines eigenen Wiss.Zweiges, für den er den Begriff der Höhlenkde. prägte, der weltweit ersten Bezeichnung für die wiss. Beschäftigung mit Höhlen, die zwar auf internationaler Ebene Jahrzehnte später durch den Terminus Speläol. abgelöst wurde, im Dt. jedoch weiterhin in Gebrauch steht. Er setzte aber auch auf literar. Gebiet bemerkenswerte Akzente. S., der in seinen frühen Jahren Novellen, Erz., Lustspiele sowie hist. Dramen veröff. hatte, zog für seine „Oesterreichischen Blätter. . . “ die tragenden geistigen Kräfte heran und machte diese damit zur wohl bedeutendsten populärwiss. Z. des Vormärz. Da er darin regelmäßig über wichtige österr. Neuerscheinungen berichtete, schuf er damit den Vorläufer einer kontinuierl. allg. österr. Bibliographie. Im Revolutionsjahr 1848 wirkte er einige Monate hindurch als Mitred. der „Wiener Zeitung“, suchte im Rahmen eines Komitees für Beruhigung zu wirken und gehörte 1848–50 dem Gemeinderat der Stadt Wien an. Seine Bemühungen fanden vielfache Anerkennung, so wurde er u. a. 1844 Mitgl. der Accad. degli Agiati zu Rovereto, 1854 korr. Mitgl. der Böhm. Ges. der Wiss. zu Prag sowie Ehrenmitgl. einiger hist. Ver. S., vielseitig begabt, gilt als einer der Begründer der wiss. Touristik in den österr. Alpenländern sowie als Schöpfer der wiss. Höhlenkde., machte sich aber auch als Literat verdient.

W.: Der Schneeberg in Unterösterreich mit seinen Umgebungen von Wien bis Mariazell, 1831; Wien wie es ist . . . . in Beziehung auf Topographie, Statistik und geselliges Leben, mit bes. Berücksichtigung wiss. Anstalten und Smlgg., 1833, Neuaufl. der 7. Aufl. 1858 (mit wechselnden Titeln), französ. 1837, 2. Aufl. 1847; Reisehdb. durch das . . . (Erzherzogthum Oesterr. mit Salzburg, Oberstmk. und Tirol; Kg.Reich Ungarn . . . nach Serbien, Bukarest und Constantinopel; Kg.Reich Böhmen, Mähren, Schlesien, Galizien, die Bukowina und nach Jassy; Herzogthum Stmk., Illyrien, Venedig und die Lombardei), 1834, 1835, 1836; Wien’s Umgebungen auf 20 Stunden im Umkreise, 3 Bde., 1835–39; Das Kaiserthum Oesterr., 2 Bde. (7 Tle.), 1837–43 (unvollendet), fortgesetzt von W. F. Warhanek, 1857; Eine Woche in Wien, 1842, 5. Aufl. 1856; Hdb. für Reisende im Kaiserthume Oesterr. . . ., 1844; Hdb. der Geographie des österr. Kaiserstaates, 1850; Oesterr. Vaterlandskde., 1852; Wegweiser in die Adelsberger Grotte und die benachbarten Höhlen des Karst, 1853, französ. 1854; Die Grotten und Höhlen von Adelsberg, Lueg, Planina und Laas, 2 Bde., 1854; Die Baradla-Höhle bei Aggtelek und die Lednica-Eishöhle bei Szilitze im Gömörer Comitate Ungarns, in: Sbb. Wien, math.-nat. Kl. 22, 1857, auch selbständig; DieHöhlen des Ötscher, ebenda, 24, 1857, auch selbständig; Die Donau von . . . (Ulm bis Wien; Wien bis zur Mündung) ( = Brockhaus’ Reise-Bibl. 1–2), 1858–59; Das Bihar-Gebirge an der Grenze von Ungarn und Siebenbürgen, 1863; ca. 50 Novellen, Lustspiele und hist. Dramen; usw. Hrsg. und Red.: Oesterr. Bll. für Literatur und Kunst, Geografie, Geschichte, Statistik und Naturkde. 1–5, 1844–1848. – Briefe, Wr. Stadt- und Landesbibl., Österr. Nationalbibl., beide Wien, Inst. za Raziskovanje Krasa (Inst. für Karstforschung), Postojna, Slowenien, Országos Széchényi Bibl. (Nationale Széchényi Bibi.), Budapest, Ungarn.
L.: Wr. Ztg. vom 22. 11., Fremden-Bl, vom 23. 11. 1863; W. Haidinger, in: Jb. der k. k. geolog. Reichsanstalt 13, 1863, Verhh. S. 131ff.; Mitth. der K. k. geograph. Ges. 9, 1865, S. 21; H. Wallmann, Dr. A. S., in: Jb. des Oesterr. Touristen-Club 12, 1881, S. 170ff., auch selbständig; A. Penck, Die Geographie an der Wr. Univ., in: Geograph. Abhh. 5, 1891, S. 7f., auch selbständig; E. Bernleithner, in: Mitt. der Geograph. Ges. 97, 1955, S. 125; T. R. Shaw, in: International Journal of Speleology 10, 1978, S. 253ff. (mit tw. Werksverzeichnis); ADB; Giebisch-Gugitz; Graeffer– Czikann; Groner; Memorie Agiati, 1903, S. 621; Poggendorff 3; PSBL; SBL; Szinynyei; Wurzbach; K. Zelovich, A M. Kir. József Műegyetem és a hazai technikai felsőoktatás története, 1922 (Bild); E. Bernleithner, Die Entwicklung der österr. Länderkde . . ., phil. Diss. Wien, 1949, S. 175 ff.; H. Hubacek, A. S. – sein Leben und Werk, phil. Diss. Wien, 1950; E. Bernleithner, in: Stud. zur Geschichte der Univ. Wien 3, 1965, S. 93f.; K. Paupié, Hdb. der Pressegeschichte 2, (1966), S. 7f.; G. Will, Personalbibliographien von Prof. der Philosoph. Fak. zu Wien . . . 1820–48 . . ., (1972), S. 156ff; R. Saar, in: Geschichte der Höhlenforschung in Österr. ( = Wiss. Beihe. zur Z. „Die Höhle“ 13), 1979, S. 34; E. Jungwirth, Die philosoph. Fak. der Univ. Wien von 1848 bis 1873 . . ., 1983, S. 144f.; H. Zapfe, Index Palaeontologicorum Austriae – Suppl. ( = Cat. Fossilium Austriae 15 a), 1987; UA Wien; Budapešti Műszaki Egyetem Központi Könyvtára — Levéltár (Zentralbibl. der Techn. Univ. Budapest – Archiv), Budapest, Ungarn.
(J. Dörflinger – H. Salzer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 320f.
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