Schneider, Ludwig (1875-1945), Vereinsfunktionär, Lehrer und Fachschriftsteller

Schneider Ludwig, Vereinsfunktionär, Schulmann und Fachschriftsteller. Geb. Weinbergen, Galizien (L’viv, Ukraine), 28. 4. 1875; gest. Grevesmühlen, Mecklenburg (Deutschland), 25. 7. 1945. Sohn eines Tischlermeisters; evang. AB. Stud. nach der Matura in Lemberg (L’viv), 1897, Germanistik und klass. Philol. an den Univ. Lemberg (1897–99), Graz (1899–1901) und Berlin (1901–03); 1906 (?) Dr. phil. S. war 1902–04 Lehrer am IV. Staatsgymn. in Lemberg, legte 1904 die Lehramtsprüfung ab und lehrte dann bis 1907 am Gymn. in Złoczów, danach bis zu seiner Pensionierung 1929 an der I. Realschule in Lemberg. Ab 1907 war er mit Olga, geb. Friedrich, einer Lemberger Fabrikantentochter, verehel. S. war einer der profiliertesten und entschiedensten Vertreter des galiz. Deutschtums. 1910 bis zur behördl. Auflösung 1923 – unterbrochen durch Verhaftung und Verschleppung (1915–18) nach Sibirien – fungierte er als Obmann der zentralen kulturellen Vereinigung der Galiziendt., des „Bundes der christlichen Deutschen in Galizien“, 1910–39 war er Mitgl. des „Deutschen Volksrates in Galizien“, der die polit. Interessen dieser Volksgruppe vertrat. Daneben war er Mitgl., Gründer oder Mitbegründer einer Reihe von dt. Kulturver. Bes. Aktivitäten widmete er der Jugenderziehung innerhalb der dt. Volksgruppe. 1911 wurde auf seine Anregung der „Verein Deutsche Mittelschule“ als Trägerorganisation für die Gründung und Erhaltung einer höheren dt. Schule ins Leben gerufen, 1918 gründete er mit Rudolf Kesselring und Jakob Valentin Rollauer das „Private Gymnasium für Knaben und Mädchen mit deutscher Unterrichtssprache der evangelischen Kirchengemeinde Lemberg“, dem er bis 1939 als administrativer und finanzieller Leiter – zeitweise gem. mit Rollauer, 1928–31 als alleiniger Dir. – vorstand. Es war sein Verdienst, daß sich diese Anstalt gegenüber der wechselnden Einstellung der poln. Behörden – sein Verhältnis zu den poln. Direktoren und Lehrern war jedoch polit. problemlos – behaupten konnte. Daneben war S. um die wiss. Erforschung der Geschichte des Galiziendeutschtums bemüht. Er veröff. zahlreiche Artikel und Beitrr. zu Heimatkde., Protestantismus, Schulwesen, aber auch zur Mundart von Weinbergen in Ztg. (bes. ab 1922 im „Ost-Deutschen Volksblatt“), Z. und Sammelwerken; seine wertvollste, jedoch weder fehlernoch lückenlose Publ., „Das Kolonisationswerk Josefs II. in Galizien“, enthält umfangreiche, aktenmäßig erarbeitete Namenslisten der dt. Ansiedler sowie eine aktenmäßige Darstellung des geschäftl. Ablaufs der Kolonisation. Nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde S. 1939 verhaftet und in Lemberg eingekerkert, nach der Umsiedlung (1939/40) lebte er in Litzmannstadt (Łódź).

W.: Die dt. Schutzver.Arbeit in Galizien . . ., in: Das Deutschtum in Galizien, 1914; Das Gymn. der evang. Gemeinde Lemberg . . ., in: Die evang. Kirchengemeinde Lemberg, hrsg. von R. Kesselring, 2, 1929; Die evang. Kirchengemeinde in Lemberg 1, 1935, 2, hrsg. von S. Müller, 1964 (mit Bild); Das Kolonisationswerk Josefs II. in Galizien. Darstellung und Namenlisten ( = Ostdt. Forschungen 9), 1939; Aufsätze u. a. in Dt. Monatshe. in Polen, Die Westmark; usw. Vgl. auch S. Müller, Schrifttum über Galizien und sein Deutschtum ( = Wiss. Beitrr. zur Geschichte und Landeskde. Ost-Mitteleuropas 63), 1962, s. Reg., und ders., Von der Ansiedlung . . ., S. 250, 255f. (s. unten).
L: Ost-Dt. Volksbl. vom 9. 10. 1932 und 28. 4. 1935; J. V. Rollauer, in: Zeitweiser der Galiziendt. für 1955, (1955), S. 54ff.; ders., in: Jb. Weichsel-Warthe 4, 1958, S. 38ff. (mit Bild); S. Müller, Von der Ansiedlung bis zur Umsiedlung ( = Wiss. Beitrr. zur Geschichte und Landeskde. Ost-Mitteleuropas 54), 1961, S. 43f., 130ff., 198, 206, 214, 250, 255f.; Heimat Galizien, hrsg. von J. Krämer, 1965, S. 224ff., 275ff., 483; UA Graz, Stmk.; Archiv der Humboldt-Univ., Berlin, Deutschland; Mitt. D. Kolbin, L’viv, Ukraine, und Johann-Gottfried-Herder-Inst., Marburg a. D. Lahn, Deutschland.
(H. Reitterer)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 10 (Lfg. 49, 1993), S. 383f.
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