Friese, Johann Nepomuk (1792–1866), Naturwissenschaftler und Mediziner

Friese Johann Nepomuk, Naturwissenschaftler und Mediziner. Geb. Komotau, Böhmen (Chomutov, CZ), 2. 1. 1792; gest. Wien, 15. 9. 1866; röm.-kath. Sohn des Protokollisten Johann Joseph Friese (Frieße) und der Josepha Friese, geb. Seberger, Vater von →Franz Maria Ritter von Friese; ab 1813 verheiratet mit Maria Anna Friese, geb. von Gerstner (geb. Prag, Böhmen / Praha, CZ, 4. 7. 1793; gest. Wien, 17. 8. 1877), Tochter des →Franz Joseph von Gerstner. – Über F.s Schulbildung ist nichts bekannt. Er studierte Medizin an der Universität Wien und promovierte dort 1817 zum Dr. med. Seine Dissertation zum Wärmehaushalt bei Tieren „De calore animali“ erschien im selben Jahr auch gedruckt. Zunächst als Sekundararzt im Allgemeinen Krankenhaus in Wien angestellt, wurde er 1819 zum Professor für Naturgeschichte und Technologie am Lyzeum in Innsbruck ernannt. Nach der Wiedererrichtung der Universität Innsbruck 1826 erhielt F. die Lehrkanzel für Naturgeschichte und Landwirtschaftslehre verliehen und übernahm damit auch die Direktion des Botanischen Gartens, um dessen Ausgestaltung und Bereicherung er sich sehr verdient machte. Nach Verleihung des Titels eines Dr. phil. 1827 unterrichtete er auf einem fortgeschrittenen Niveau im Sinne einer Speziellen Naturgeschichte, daneben hielt er Vorlesungen über Technologie und Forstwissenschaft sowie ab 1839 ao. Vorlesungen über Geognosie; 1828/29 Rektor der Universität Innsbruck. 1847 zum Professor für Allgemeine Naturgeschichte an die Universität Wien berufen, wurde F. trotz der Reform des philosophischen Studiums (1849) bis zu seinem Tod im Amt belassen. In der Folge wurde die Lehrkanzel für Allgemeine Naturgeschichte aufgelassen, wodurch 1867 die Aufwertung des Extraordinariats für Geologie von →Eduard Sueß zum Ordinariat ermöglicht wurde. Wissenschaftlich ist F. v. a. als Verfasser einiger Lehrbücher zur Naturgeschichte wie auch wegen seiner regen Tätigkeit für den 1837 gegründeten geognostisch-montanistischen Verein für Tirol und Vorarlberg von Bedeutung. Im Buch „Grundzüge der Einleitung in die Naturgeschichte, als Unterscheidungslehre der Naturprodukte“ (1829) erarbeitete er wesentliche grundsätzliche Definitionen des Begriffs Naturgeschichte, ihrer Teilgebiete und ihrer Abgrenzung gegenüber anderen Wissenschaften. Naturgeschichte war für ihn die Lehre von der Erkenntnis und Unterscheidung der einzelnen Naturprodukte nach sinnlich erfassbaren Merkmalen. 1830 folgte für den mineralogischen Teil der Naturgeschichte das Lehrbuch „Grundriß der Minerognosie“, 1836 für den botanischen Teil sein „Grundriß der Phytognosie“. Alle diese Titel wurden 1838 als Vorlesungsbücher an der Universität Innsbruck approbiert. Im geognostisch-montanistischen Verein für Tirol und Vorarlberg wirkte F. 1837–43 als Sekretär, überdies verfasste er ein an die Vereinsmitglieder verteiltes Werk über die Grundbegriffe der Mineralogie, Geognosie, Bergbau- und Hüttenkunde, welches 1839 anonym unter dem Titel „Abriß der montanistischen Kenntnisse, mit einer Darstellung der benützungsfähigen Mineralprodukte Tirols und Vorarlbergs“ erschien. Auch den 1840 veröffentlichten Bericht über die Leistungen des Vereins im Jahr 1839 redigierte F. 1842 untersuchte er im Auftrag des Vereins die bislang noch nicht begangenen Teile Vorarlbergs in geognostischer Hinsicht und unterzog die Beobachtungen des Markscheiders Alois Richard Schmidt einer kritischen Revision. Die Resultate dieser Gemeinschaftsarbeit erschienen 1843 unter dem Titel „Vorarlberg nach den von dem geognostisch-montanistischen Verein für Tirol und Vorarlberg veranlaßten Begehungen geognostisch beschrieben und in einer geognostischen Karte dargestellt“. Am Tiroler Landesmuseum Ferdinandeum hielt F. ab 1825 Vorlesungen über Botanik und veranstaltete in den Sommermonaten öffentliche botanische Exkursionen. 1831 erfolgte die Ernennung zum korrespondierenden Mitglied der Royal Medico-Botanical Society of London, 1846 jene zum Ehrenmitglied des geognostisch-montanistischen Vereins für Tirol und Vorarlberg.

Weitere W.: Vorlesungen über Botanik, in: Bote für Tirol und Vbg., 19. 5. 1825.
L.: WZ, 6. 7. 1819, 4. 9. 1826, 5. 10. 1847, 16. 9. 1866; W. Haas, Geschichte der zoologischen Lehrkanzeln und Institute an der Universität Wien, phil. Diss. Wien, 1958, s. Reg.; H. Kramer u. a., Erzherzog Johann und Tirol, 1959, s. Reg.; J. H. Barnhart, Biographical notes upon botanists 2, 1965; H. H. Egglmaier, Naturgeschichte, Wissenschaft und Lehrfach, 1988, s. Reg.; G. Oberkofler – P. Goller, Geschichte der Universität Innsbruck (1669–1945), 1996, S. 101, 125; L. J. Dorr – D. H. Nicolson, Taxonomic literature, Suppl. 8, 2009, S. 39f.; M. Svojtka, in: Berichte der Geologischen Bundesanstalt 83, 2010, S. 54, 58; Pfarre St. Rochus, UA, beide Wien; Pfarre Chomutov, CZ.
(M. Svojtka)   
Zuletzt aktualisiert: 27.11.2017  
PUBLIKATION: ÖBL Online-Edition, Lfg. 6 (27.11.2017)